Mittwoch, 23. Dezember 2009

Von der Ewigkeit umarmt

„Dass die Brücke wirklich trägt, merken wir erst, wenn wir hinübergehen. Und dass Flügel der Liebe uns beschirmen, stellen wir oft erst fest, wenn um uns herum der Sturm tobt.“ (Thea Eichholz)

Ganz lange hatte ich ziemlichen Respekt vor dem Tod meines Opas. Seit Mai war er krank und ich wusste, dass er sterben würde und seit September hatte ich jeden Tag mit dem Anruf gerechnet.
Er war einer der allerwichtigsten Menschen in meinem Leben, mein großer Ermutiger, mein (irdischer) Fels in der Brandung. Egal wo ich gelebt habe, er hat mir ständig liebevolle Briefe und Karten geschrieben – und normalerweise kamen sie immer in dem Moment, in dem ich sie gebraucht habe. Und der Bibelvers oder die Liedstrophe, die draufstand, hat immer gepasst…Als ich vor einem Jahr während dem Praktikum allein in einem Haus gelebt hab, hatte ich oft Nachrichten von ihm auf meinem AB wenn ich spätabends vom Arbeiten nachhause kam. Er hatte mich einfach nur daran erinnern wollen, dass er für mich betet und ich nicht allein bin…

Ich tat alles menschenmögliche um mich auf seinen Tod vorzubereiten und trotzdem, ich hätte schreien und kotzen können, wenn ich nur daran gedacht hab…

Aber als er dann wirklich gestorben ist, das war so krass, im ersten Moment reagiert dein Körper einfach, da kannst du noch so vorbereitet sein, du sackst zusammen, dir wird abwechselnd heiß und kalt, du heulst und versuchst, Luft zu bekommen… und dann, nach zwei Minuten oder so, hab ich mich gefühlt, als würde ich so stark gehalten werden wie selten zuvor in meinem Leben. Es war, als würde ein Vorhang zerreißen, als wäre ich plötzlich nicht mehr richtig auf dieser Erde sondern in irgendeiner Zwischenwelt zwischen Erde und Ewigkeit. Gottes Gegenwart war plötzlich so stark und sein Frieden so krass spürbar. Tagelang hab ich in dieser „Zwischenwelt“ gelebt und mich gefühlt, als würde ich von der Ewigkeit umarmt werden. Ich konnte überhaupt nicht weinen, ich hab nur gestrahlt und war voller Freude und Dankbarkeit darüber, dass ich so einen wunderbaren Opa gehabt hatte und dass er jetzt in der Ewigkeit angekommen ist.

Mein Opa war ein großer Beter, er hat Gott, die Menschen und das Leben von ganzem Herzen geliebt. Er hat alles getan, um mit seinem Leben Jesus sichtbar zu machen, egal, wie alt und gebrechlich er in den letzten Jahren und Monaten seines Lebens war, er war erfüllt von Gottes Liebe und Geist. Und in seinem Tod haben wir Gottes Gnade und Gegenwart so real erlebt.
Es sind so viele Dinge zusammen gekommen, die besser, harmonischer und friedlicher nicht hätten laufen können. Gott hatte seine Hand in der ganzen Situation drin. Es war krass!

Und trotzdem war natürlich die Trauer da. Ich hatte eine Packung Tempos vollgeheult, bevor die Trauerfeier überhaupt losging. Aber es war eine richtig „schöne“ Beerdigung falls man so was über eine Beerdigung sagen kann. Es waren unglaublich viele Menschen da und es kam soviel Wertschätzung und Liebe von allen Seiten. Alle waren der Meinung, dass ein wundervoller und außergewöhnlicher Mensch gestorben war. Wildfremde heulende Ausländer haben mich in den Arm genommen. Drei Zeitungen haben nach seinem Tod über sein Lebenswerk (den Aufbau der Ausländerarbeit in Stgt) geschrieben, die vielen Nachrufe waren so voller Liebe und Bewunderung… Viele tolle Musiker aus dem Bekanntenkreis haben gespielt/gesungen.

Und ohje, wir haben eine Rießenladung wunderschöner Fotos von ihm mit ihm beerdigt *g*.
Die sind total aus Versehen in den Sarg gekommen und als wir es gemerkt haben, war der Sarg schon im Grab und mit Blumen überhäuft… die Sargträger wollten ihn noch mal hochholen aber das kam natürlich nicht in Frage. Wir mussten lachen und meinten, dass es passender nicht hätte sein können. Mein Opa war ein Träumer und ein leidenschaftlicher Fotograf, dass er jetzt 80 große wunderschöne Fotos im Sarg hat passt… Irgendjemand meinte nur „Gott hat Humor…!“

Tja, einer der wichtigsten Menschen meines Lebens hat seinen Lauf vollendet…
Ich habe ihn nicht nur unendlich geliebt sondern auch viel von ihm gelernt.

"Ich hab Dich sicher in meiner Seele... ich trag Dich bei mir, bis der Vorhang fällt" (Grönemeyer)

Anna-Lena




Statements von der Beerdigung:

"Er hat noch seine letzte Rose verschenkt..." (Nachruf)

"Sein Haus war das erste deutsche Haus, in das wir eingeladen wurden, als wir aus Griechenland nach D kamen." (Nachruf)

"Heute wird überall über das Thema 'Integration' geredet - er hat es einfach gelebt"
(ein Besucher)

"Er hat es gewagt, das 'Abenteuer Menschlichkeit' zu leben" (Der Pfarrer als Abschlußwort seiner Predigt)